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Dezember

Vortrag von Willi Steger Arbeitskreis Heimatgeschichte

Informationsveranstaltung im SG 07 in St. Leon-Rot, am 7.12.2015

Guten Abend meine Damen und Herren, liebe Freunde der Kramer’schen Mühle.

Meine Name ist Willi Steger vom Arbeitskreis Heimatgeschichte St. Leon-Rot.

Der Einladung der Bürgerinitiative „Kramer Mühle“ bin ich gerne nachgekommen. Zuvor noch eine Anmerkung: der Arbeitskreis Heimatgeschichte St. Leon-Rot ist kein Verein, sondern ein Arbeitskreis unter Federführung der Gemeindeverwaltung St. Leon-Rot. Der Vorsitzende ist Bm Dr. Eger und die Geschäftsführung unterliegt Frau Anette Reich vom Hauptamt.

Meine folgenden Ausführungen sind mit dem Arbeitskreis Heimatgeschichte St. Leon-Rot abgestimmt und beziehen sich ausschließlich auf den historischen Hintergrund des Mühlenareals.

vor 40 Jahren gab es als Vorläufer für den „Tag des offenen Denkmals“ das europäische Denkmalschutzjahr unter dem Motto: „eine Zukunft für unsere Vergangenheit“.
Ein Kahlschlag ganzer historischer Viertel in Amsterdam sollte einer modernen Stadtentwicklung weichen.
[aus: Monumente – Magazin für Denkmalkultur in Deutschland- Deutsche Stiftung Denkmalschutz 25. Jg. Nr. 6   2015  Seite 55]

Der Rat der Stadt Amsterdam konnte jedoch überzeugt werden, dass die Notwendigkeit des Denkmalschutzes der Öffentlichkeit sehr am Herzen lag.

Die Erhaltung der Denkmale und ihre neuen Nutzungsmöglichkeiten durch die Bürger wurden zu einerErfolgsgeschichte.

Viele Bürgerinnen und Bürger aus St. Leon-Rot können sich sicher noch an den Tag des offenen Denkmals im September 2013 unter dem Motto: „unbequeme Denkmale „ erinnern. Über 300 Interessierten Besuchern wurde durch Führungen des Arbeitskreises Heimatgeschichte die Geschichte der Kramer’schen Mühle nähergebracht und der größte Teil der Besucher äußerte sich dahingehend, dass dieses historische Anwesen unbedingt erhalten werden soll.

Über die Entstehung und Geschichte der Kramer-Mühle als Bann- und Ölmühle aus dem 15./16. Jahrhundert ist bereits ausführlich in unseren Heimatbüchern berichtet und jeder Interessierte kann sich über den Audio Guide – die telefonische Ortsführung – der Gemeinde St. Leon-Rot informieren.

Wenn sie mir gestatten, werde ich sie etwas eingehender im Zusammenhang mit dem Mühlenareal informieren;

  • St. Leon-Rot gehörte 1000 Jahre zum Hochstift und unter die Herrschaft der Fürstbischöfe von Speyer.
  • 1049 wurde in St. Leon die erste Kirche eingeweiht und 1494 das erste Rathaus erbaut.
  • Vermutlich auch im ausgehenden 15. Jahrhundert ließ der Bischof von Speyer eine Bannmühle errichten.
  • Nur hierher mussten die Bauern aus St. Leon und Rot sowie der umliegenden Höfe und Ortschaften ihr Getreide und Hülsenfrüchte zum Mahlen bringen.
  • Im Vergleich zum Ausmaß und Größe der Mühle hatte die spätere Kramer-Mühle eine herausgehobene Bedeutung.
  • Die Mühle war Eigentum der Bischöfe von Speyer und auf Dauer verpachtet bzw. später als Erbbestandsmühle dem Pächter übereignet.
  • Entlang des Kraichbaches mit seiner 60 km Länge von der Quelle im Stromberg bei Sternenfels bis zur Mündung in den Rhein bei Ketsch, werden sie kaum ein Mühle finden mit dem historischenHintergrund wie der Kramer Mühle.
  • Unbestritten ist auch, dass im weiteren Einzugsbereich des Mühlenareals das Kloster der Reuerinnenstand.
  • Pfarrer Volz berichtet darüber ausführlich in seinen Aufzeichnungen, dem bekannten Notabilienbuch von 1833-39.
  • Es war jedenfalls „um das Jahr 1227/28 als sich hier ein Frauenkloster befand, das „in den Gärten bei der Mühle“ stand – so der Bericht.

Ob es allerdings im 13. Jahrhundert bereits eine Mühle am Kraichbach gab, lässt sich aus von der Aussage Pfr. Volz nicht ableiten.

In den Archivunterlagen des noch heute bestehenden Folgeklosters der Reuerinnen, den Dominikanerinnen des Kloster St. Magdalena in Speyer, findet sich über den Ursprung des Klosters St. Magdalena folgender Hinweis:

  • „ …den Anfang unseres Klosters finden wir rechts des Rheins in St. Leon, einem Dorf am Westrand des Kraichgaues, wo sich eine Gemeinschaft von Reuerinnen befand, deren Patronin die hl. Maria Magdalena war.“ 
    (aus: 775 Jahre Kloster Sankt Magdalena zu Speyer 1228-2003 und 700 Jahre Dominikanerinnen 1304-2004 Hrsg. Kloster St. Magdalena Speyer 2004)
  • Ich selbst habe bei einem Besuch im Kloster St. Magdalena in Speyer das Archiv besucht und dort Unterlagen  - auch mit Bildern des Mühlenareals - gesehen.
  • Der Wieslocher Historiker Hildebrandt vermutet sogar, wie er im Regestenverzeichnis (Sl 13) des Heimatbuches St. Leon-Rot darlegt, dass die Reuerinnen „sicherlich das verlassene Kloster“ nutzten.

Was war nun denn das verlassene Kloster?

Und wo stand das verlassene Kloster“?

  • Aus der Geschichte des Ortes St. Leon wissen wir, dass es im 9. Jahrhundert ein Kloster und Chorherrenstift St. Leo gab.
  • Belegt ist auch, dass das Kloster Papst Leo I. dem Großen geweiht war und im Jahr 853 durch eine reiche Schenkung der Witwe Erkanfrieda aus der Familie Karls des Großen bedacht wurde.
  • Die dritte Ehefrau Karl des Großen Hildegard war eine Gräfin aus dem Kraichgau und ihre Eltern und Geschwister waren in Heidelberg, Bruchsal, Malsch, Zeutern, Odenheim usw. reich begütert .

Wenn nun die Reuerinnen von 1227/28 die Reste des Klosters von 853 nutzten, dann stand doch folglich, nach Historiker Hildebrandt, auch das Kloster zum Hl. Leo in den Gärten bei der Mühle!

Wo sind nun die „Gärten bei der Mühle“?

  • im Mühlenareal oder gegenüber in den Weihergärten? Die übrigens auch unter Denkmalschutz stehen. Wir wissen es nicht.
  • Noch um 1548 stand mit Gewissheit gegenüber der Mühle, in den Weihergärten, auch der mittelalterliche churpfälzische Zollturm (Pfälzer Wildbannkarte) und vermutlich unweit davon in den Stegwiesen eine Mottenburg aus dem 12./13. Jhd.
    (Kunze Rainer in: Mannheimer Geschichtsblätter 2003/04 Burgen im Bruhrain)

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Meine Damen und Herren, ich möchte Ihnen mit diesem Beitrag eigentlich nur be-wusst machen, welchehistorische wertvolle Bedeutung das Mühlengelände mit dem angrenzenden Areal hat und wie wertvoll der Nachlass unserer Vorfahren ist.

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Soll nun auch dieses Anwesen, das unter Denkmalschutz steht, einer modernen Ortsentwicklung weichen?

Was alles bereits in St. Leon-Rot unwiederbringlich weichen musste kann ich an dieser Stelle kurz und kommentarlos aufzählen:

  • die historischen Reste der römische Villa Rustica im Gewann Sentner/Klosterbuckel  wurdezugeschüttet und durch den Golfplatz überdeckt
  • der historische Klosterkeller im Bachgässel – zugeschüttet
  • die Teile der alten Römerstraße/Burgenstraße von Karlsruhe kommend über Karlsdorf, Ubstadt, Stettfeld, Kislau – durch St. Leon und weiter über      Reilingen, Burg Wersau nach Speyer - vergessen und zugedeckt.
  • die Zigarrenfabriken Wellensick & Schalk & Bruns by Rhein - abgerissen
  • die Zigarrenfabrik Landfried in Rot - abgerissen
  • die Zehntscheune in Rot aus dem 17. Jhd.  - abgerissen, es steht nur noch ein Torso
  • die Zehntscheune in St. Leon im Pfarrgarten 1974  - bis auf die Grundmauern abgebrannt
  • das alte Rathaus in St. Leon 1913 - abgerissen
  • die alte barocke Kirche in St. Leon von 1807 -  1954 – abgerissen (die Vorgängerkirche hat 800 Jahre gestanden)

- usw. 

Verehrte Anwesende.

Die Mitglieder des Arbeitskreis Heimatgeschichte St. Leon-Rot bitten deshalb, diese einmalige Gelegenheit, nämlich den Erwerb der historischen Kramer Mühle zu ermöglichen, und einer späteren Nutzung den Bürgerinnen und Bürgern von St. Leon-Rot zuzuführen.

Wir, vom Arbeitskreis Heimatgeschichte könnten uns vorstellen, dass an dieser Stelle unter anderem eine gemeinsame Bücherei aus beiden Ortsteilen verbunden mit einem offenen Museum und Vortragsräumen ein Gewinn für die gesamte Bevölkerung sein wird.

Wir unterstützen deshalb die Bürgerinitiative „Kramer-Mühle“ von ganzem Herzen.

Vielen Dank - Willi Steger